Die Seele steigt aus: Warum wir unsere Grenzen kennen müssen

von Lars Strempel  - Januar 21, 2025

Damit das klar ist. Willkommen zu „Coaching Deluxe“ – Meinem Podcast zum Thema Menschsein. Das ist Folge Nummer 15: „Seele einem Grenzen setzt“. Hallo und herzlich willkommen zu meinem Podcast! Ich bin Lars Strempel, und für den einen oder die andere, die meinen Podcast regelmäßig hören, mag das Intro heute ein wenig anders klingen. Das ist meine persönliche Anpassung zum Jahreswechsel. Nach all den Coachings, die ich letztes Jahr gegeben habe, fällt mir immer wieder auf, dass es nicht nur um Führung und Leadership geht. Es geht um den Menschen dahinter – um dich.

Deshalb geht es in dieser Folge um ein Thema, das uns alle betrifft: Warum wir oft keine Grenzen setzen und was passiert, wenn wir sie übertreten oder uns selbst verlieren.


Höher, schneller, weiter – doch wo bleibt die Seele?

Stell dir vor, dein Leben ist wie ein Schnellzug. Du meisterst deinen Alltag mit all seinen Aufgaben, Momenten und Beziehungen in einer Geschwindigkeit, die für dich gut funktioniert. In deinem Zug sitzt deine Seele mit – bequem in der ersten Klasse. Sie gibt dir die Energie und die Emotionen, die du brauchst, um alles zu bewältigen.

Doch dann kommen besondere Situationen:

  • Neue Ziele, die dich herausfordern. Die für die eine hohe emotionale Bedeutung haben.
  • Krisen, wie Geburt, Tod, finanzielle Probleme, Krankheiten, die plötzlich alles verändern.
  • Hohe Ansprüche, weil du merkst, das du mehr willst, die dich schneller machen als es für dich gesund ist.

Du schaltest einen Gang höher, vielleicht sogar zwei oder drei. Plötzlich rast dein Zug mit 400 km/h, und du fühlst dich, als hättest du alles im Griff. Aber deine Seele? Die steigt irgendwann aus.

Was bleibt, wenn die Seele aussteigt?
Du funktionierst weiter – Im Funktionsmodus. Ähnlich bei einem Unfall oder nach einem Todesfall eines geliebten Menschen. Da heißt es jetzt, funktionieren, schnell handeln, Entscheidungen treffen. Gefühle abschalten und alles das Erledigen, was in dem Augenblick hilft um selbst weiter zu kommen oder anderen zu helfen. Du erledigst deine Aufgaben, genießt vielleicht sogar die Anerkennung von außen, das Adrenalin ist höher als sonst. Doch wenn das Gröbste vorbei ist, die erste Hürde genommen oder der Fall erledigt, fühlst dich innerlich leer. Es fehlt dir etwas, und du merkst: „Das Tempo ist und war zu hoch.“ Der Körper fährt buchstäblich runter, damit die Emotionen erlebt und verarbeitet werden können.


Ein Glaube der in die Irre führt

Die Überzeugung, dass wir nur in der Bewegung
und im Tun lebendig sind, hat tiefe kulturelle,
soziale und psychologische Wurzeln.

Hier sind einige Gedanken, warum dieser Glaube so weit verbreitet ist. Ein Teil entsteht aus unserer Leistungsgesellschaft.

„Ich bin, was ich leiste“

Unsere moderne Gesellschaft misst den Wert eines Menschen oft an Produktivität und Erfolg. Ob im Beruf oder Privatleben – wir verbinden Aktivität mit Wert.

  • Bewegung und Tun werden als Zeichen von Fleiß, Ehrgeiz und Zielstrebigkeit gesehen.
  • Stillstand hingegen wird oft mit Faulheit, Rückschritt oder sogar Schwäche gleichgesetzt.

Das Narrativ „Wer rastet, der rostet“ prägt uns schon früh. Wir haben gelernt, dass Anerkennung und Zugehörigkeit mit Leistung und Aktivität verknüpft sind. Wenn wir in einer Familie groß geworden sind in der die Eltern beide zielstrebig sind und dies vorleben, kann dies schon ein Indikator sein. Darüber hinaus haben wir evolutionäre Hintergründe. Unsere Vorfahren mussten ständig in Bewegung sein, um zu überleben: Nahrung jagen, Schutz suchen, Gefahren abwehren. Das nennt man die evolutionäre Prägung.

  • Bewegung bedeutete Sicherheit und Überleben.
  • Stillstand konnte schnell das Ende bedeuten.

Dieses evolutionäre Muster steckt tief in uns, auch wenn unsere heutigen Herausforderungen oft mentaler statt körperlicher Natur sind. Doch was passiert eigentlich in der psychologischen Dynamik. Wenn ich mich nicht ablenke und in die Stille eintauche. Stillstand bedeutet, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen – und das kann unangenehm sein. Diese psychologische Dynamik ist für viele Menschen unangenehm und wird nicht unbedingt vermieden. Jedoch ist sie ein Spiegel dessen, was wir in den seltensten Fällen, auch durch unsere Erziehung und unser Umfeld, nie gelernt haben.

  • Bewegung lenkt uns von inneren Konflikten, Unsicherheiten oder unangenehmen Gefühlen ab.
  • In der Stille hingegen treten diese Gedanken und Emotionen in den Vordergrund, was viele Menschen als bedrohlich empfinden.

Die Idealisierung von Aktivität

Medien, Werbung und Social Media vermitteln uns, dass ein erfülltes Leben voller Abenteuer, Ziele und Erlebnisse steckt. Da wir uns Menschen durch vergleiche besser einordnen, Matchen wir uns mit anderen. Sitze ich im Büro und scrolls durch die bunte Social Media Welt, sehe ich andere gerade beim Urlaub, Skifahren, Sightseeing oder mit ihrem Sportwagen durch die Stadt fahren. Früher haben wir im Internet gelesen. Auch hier sind es nur noch bewegt Bilder. Da Format Video wächst unaufhaltsam.

  • „Immer on“, immer aktiv – das ist das Ideal.
  • Stille, Innehalten oder gar Langeweile wird selten als positiv dargestellt.

Kontrollillusion: Tun gibt uns Macht

Aktivität vermittelt das Gefühl, Kontrolle über unser Leben zu haben. Wenn wir handeln, fühlen wir uns mächtig und glauben, unser Schicksal zu formen. Das ist ein absoluter Trugschluss. Alle Ereignisse, die uns bis ins tiefste Mark erschüttern passieren plötzlich, unberechenbar. Es erwischt uns kalt. Lässt uns erstarren. Den Augenblick und all seine Facetten in uns einbrennen.

  • In der Bewegung liegt das Gefühl von Fortschritt.
  • In der Stille entsteht hingegen oft die Erkenntnis, dass wir vieles nicht kontrollieren können.

Vor allem ist es die Angst vor der Endlichkeit. Nur Rentner tun nichts mehr. Wenn ich alt bin und nicht mehr kann. Stillstand erinnert uns daran, dass das Leben vergänglich ist. Stille kann hingegen die Vergänglichkeit und die Endlichkeit unseres Daseins bewusst machen.Doch irgendwann wird uns klar: So kann es nicht weitergehen. Bewegung und Tun vermitteln das Gefühl von Lebendigkeit und Dynamik.


Wie wir die Seele zurückholen

Der erste Schritt ist, die Geschwindigkeit bewusst zu drosseln. Aber wie? Es muss uns schon auffallen, das sich etwas verändert hat. Z.B. die Emotionen weniger spürbar sind. Wir stark gestresst von einer Tätigkeit zur nächsten gehen und unseren Körper und Geist dauerbespienen, so da bloß kein Stillstand aufkommt. Was erzähle ich auch auf der Arbeit, wenn ich sage, das ich den ganzen Tag lang NICHTS getan habe 😉

Hier ein paar Ideen für das rausnehmen des Tempo, runterschalten und innehalten.

  1. Innehalten: Plane regelmäßige Pausen ein und nutze sie, um in dich hineinzuhorchen.
  2. Gefühle wahrnehmen: Erlaube dir, deine Emotionen zu spüren – auch die unangenehmen.
  3. Dankbarkeit kultivieren: Konzentriere dich auf das, was du bereits erreicht hast, anstatt immer nur auf das nächste Ziel zu schauen.

Ein Bild, das mir in meinen Coachings oft hilft: Stell dir vor, du hältst deinen Zug an einer Haltestelle an. Dort wartet deine Seele auf dich, um gemeinsam weiterzufahren – diesmal in einem Tempo, das für euch beide passt.Was können wir daraus lernen?

Der Glaube, dass nur Aktivität uns lebendig macht, ignoriert, dass Leben nicht nur im Tun, sondern auch im Seinstattfindet.

  • In der Bewegung erleben wir Fortschritt und Entwicklung.
  • In der Stille finden wir Tiefe, Reflexion und die Verbindung zu uns selbst.

Beides hat seinen Platz – aber in einer Welt, die das Tun idealisiert, dürfen wir lernen, das Sein genauso zu schätzen. Nur in der Balance dieser beiden Zustände können wir wirklich lebendig sein.


Das Fazit: Lebe im richtigen Tempo – für dich und deine Seele

Es geht nicht darum, gar nichts mehr zu tun oder deine Ziele aufzugeben. Es geht darum, den Unterschied zwischen Funktionieren und Leben zu erkennen. Nur wenn du deine Seele mit ins Boot holst, kannst du das Leben wirklich genießen – mit all seinen Höhen und Tiefen, Erfolgen und Herausforderungen. Wenn dir dieser Text gefallen hat, freue ich mich über deinen Kommentar. Teile deine Erfahrungen und erzähle mir, wie du es schaffst, die Geschwindigkeit deines Lebens anzupassen. Falls du dabei Unterstützung brauchst, lade ich dich herzlich zu einem Coaching ein. Gemeinsam finden wir heraus, was für dich richtig ist.

In diesem Sinne: Lebe bewusst – und vor allem in deinem Tempo.

Schreiben Sie einen Kommentar

Your email address will not be published. Required fields are marked

{"email":"Email address invalid","url":"Website address invalid","required":"Required field missing"}

Weitere Artikel

Success message!
Warning message!
Error message!