Personen- oder Prozessproblem? Warum Führungskräfte den Unterschied kennen müssen

von Lars Strempel  - Februar 4, 2025

Willkommen zu Leadership Deluxe! Heute gibt es eine spannende Folge, denn ich hatte heute Morgen ein Coaching-Gespräch, das mich direkt zu dieser Frage geführt hat: Handelt es sich bei einem Problem um ein Personenproblem – oder ist es ein Prozessproblem?

Ich erlebe es immer wieder in Unternehmen: Es gibt Unzufriedenheit mit Mitarbeitenden, Leistung bleibt hinter den Erwartungen zurück, Projekte verzögern sich – und dann wird schnell auf die Person geschaut. Aber ist das wirklich fair? Oder liegt es vielleicht daran, dass der Prozess nicht klar genug definiert ist?

Wenn ich Coachings starte, nehmen wir uns immer zuerst ein paar Minuten, um die Situation einzuordnen. Welche Emotionen spielen mit? Was genau läuft schief? Und dann stehe ich oft vor der gleichen Erkenntnis: In den meisten Fällen liegt das Problem nicht an der Person – sondern an einer fehlenden Struktur.

Warum Prozesse Klarheit schaffen und Führung erleichtern

Es gibt zwei grundlegende Fragen, die du dir als Führungskraft stellen solltest:
🔹 Gibt es einen klar definierten Prozess, an dem sich jeder orientieren kann?
🔹 Oder wird erwartet, dass jeder „intuitiv“ weiß, was zu tun ist?

Wenn du einen sauberen Prozess hast – also klare Strukturen, dokumentierte Abläufe und eindeutige Leitplanken für jede Position – dann haben Mitarbeitende eine konkrete Orientierungshilfe. Sie wissen:

  • Was genau ihre Aufgabe ist
  • Welche Qualitätsstandards erwartet werden
  • In welchem Zeitrahmen das Ganze erledigt sein muss
  • Wann und wo sie nachfragen können, wenn Unsicherheiten bestehen

Das ist der Punkt, an dem Führung wirklich sichtbar wird. Denn wenn all das geklärt ist und trotzdem etwas nicht funktioniert, dann kann man sich mit der Person auseinandersetzen – aber eben erst dann.

Ich sage immer: Ein gut dokumentierter Prozess entlastet nicht nur dein Team – er entlastet auch dich als Führungskraft. Denn wie oft hast du das Gefühl, ständig die gleichen Fragen beantworten zu müssen? Wie oft korrigierst du Dinge nach? Wie oft laufen Meetings aus dem Ruder, weil keiner genau weiß, wer was bis wann machen muss?

Die Realität in vielen Unternehmen ist: Es gibt zwar Prozesse, aber sie sind nicht klar dokumentiert – oder sie werden einfach nicht konsequent eingehalten.

Wann wird ein Prozessproblem zum Personenproblem?

Wenn du merkst, dass trotz klarer Prozesse und Leitplanken immer wieder Fehler passieren oder Aufgaben nicht richtig erledigt werden, dann kommt die nächste Frage ins Spiel: Haben wir vielleicht doch ein Personenproblem?

Hier ein einfaches Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung:
Als ich meine erste Auszubildende hatte, musste ich den Ausbilderschein machen. Und dort lernte ich etwas, das mir bis heute in der Führung hilft:

Eine Aufgabe muss so beschrieben sein, dass jede*r sie in gleichbleibender Qualität umsetzen kann.

Ich musste genau festhalten:

  • Welche Arbeitsschritte erforderlich sind
  • Wie lange eine Aufgabe dauern sollte
  • Welche Fehler häufig gemacht werden und wie sie vermieden werden können

Und da dachte ich mir: Eigentlich sollte das nicht nur in der Ausbildung so sein, sondern überall.

Doch in der Praxis höre ich oft:
🗣️ „Bei uns kann man das nicht so einfach standardisieren, das ist alles individuell!“

Falsch. Jede wirtschaftliche Tätigkeit – egal, ob Produktion, Dienstleistung oder Kreativbranche – kann strukturiert werden.

Natürlich bleibt immer ein gewisser Spielraum, aber ein Rahmen hilft enorm, um Fehlinterpretationen zu vermeiden.

Führungskräfte haben oft keine Zeit für echte Führung

Viele Führungskräfte beschäftigen sich täglich mit „Feuerwehrarbeit“:

  • Probleme lösen
  • Fehler korrigieren
  • Nachfragen beantworten
  • Unklare Aufgaben nachjustieren

Aber ist das wirklich Führung? Nein!

Führung bedeutet, Strukturen zu schaffen, die eigenständiges Arbeiten ermöglichen. Wenn du ständig korrigieren musst, liegt das oft nicht an der Unfähigkeit der Mitarbeitenden – sondern daran, dass die Rahmenbedingungen nicht klar genug sind.

Und das ist genau der Punkt: Ein Prozessproblem kannst du mit Klarheit und Struktur lösen. Ein Personenproblem erfordert von dir als Führungskraft eine andere Herangehensweise.

Hier kommt deine Rolle als Coach ins Spiel. Wenn jemand trotz klarer Prozesse nicht performt, dann geht es nicht mehr um Strukturen, sondern um individuelle Themen:

  • Hat die Person das nötige Fachwissen?
  • Fehlt es an Motivation oder Engagement?
  • Gibt es persönliche Herausforderungen, die mit reinspielen?

In so einem Fall brauchst du mehr als Regeln und Vorgaben – du brauchst ein echtes Gespräch.

Wie du erkennst, was wirklich das Problem ist

Das nächste Mal, wenn du dich über eine schlechte Leistung ärgerst, stelle dir diese Fragen:

🔹 Ist es wirklich die Person, oder fehlt eine klare Struktur?
🔹 Sind die Erwartungen an die Aufgabe schriftlich dokumentiert und messbar?
🔹 Hat die Person eine faire Chance bekommen, sich an die Abläufe zu gewöhnen?

Ein Beispiel aus meinem heutigen Coaching:
Die Führungskraft war überzeugt: „Mein Teammitglied kriegt es einfach nicht hin, das ist ein reines Personenproblem.“

Doch als wir gemeinsam die Prozesse durchgegangen sind, stellte sich heraus:

  • Es gab keine klare schriftliche Definition der Aufgabe.
  • Es gab keine konkrete Erwartung, wie lange etwas dauern darf.
  • Es gab keine regelmäßige Feedbackstruktur, um die Person auf den richtigen Weg zu bringen.

Erkennst du das Muster? Ohne klare Prozesse bleibt viel Raum für Missverständnisse.

Prozess oder Person? Die entscheidende Frage für jede Führungskraft

Am Ende läuft es immer darauf hinaus: Gibt es eine saubere Struktur – oder arbeiten alle irgendwie drauflos?

Wenn das Problem auf Prozessebene liegt, dann kann es mit klaren Leitplanken, Standards und Dokumentationen gelöst werden.
Wenn das Problem auf der Personenebene liegt, dann brauchst du als Führungskraft Fingerspitzengefühl, Empathie und Coaching-Skills.

Also, mein Tipp an dich: Bevor du eine Person als „schwierig“ oder „nicht leistungsfähig“ einstufst, prüfe zuerst, ob dein Prozess überhaupt klar genug ist.

Und wenn du das nächste Mal nach einem anstrengenden Meeting den Kopf schüttelst und denkst: „Warum funktioniert das alles nicht?“, dann frag dich:
Ist es ein Prozessproblem – oder ein Personenproblem?

Was kannst du jetzt tun?

1️⃣ Reflektiere deine eigenen Prozesse: Gibt es klare Abläufe oder läuft vieles nach Gefühl?
2️⃣ Geh mit deinem Team ins Gespräch: Was fehlt, um sicher und effizient zu arbeiten?
3️⃣ Unterscheide klar zwischen Prozess- und Personenproblemen – und handle entsprechend.

Wenn du Lust hast, darüber zu diskutieren oder dir Unterstützung wünschst, vernetze dich mit mir auf LinkedIn oder höre dir die gesamte Podcast-Folge an.

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